Das Metaverse: Erstrebenswerte Zukunft oder kommerzielles Konstrukt?
Das Metaverse: Erstrebenswerte Zukunft oder kommerzielles Konstrukt?
Quo Vadis, Metaverse?
Vielleicht kennen Sie das Metaverse bereits aus Science Fiction oder einschlägigen Veröffentlichungen? Es schafft eine Welt der virtuellen Realität (VR), die eine fantastische Umgebung bietet, in der wir uns virtuell treffen, gemeinsam spielen und zusammenarbeiten können, während wir physisch voneinander getrennt sind.
Die Visionen der großen Vordenker unterscheiden sich dabei jedoch in ihrer Ausführung. Mark Zuckerberg von Meta glaubt, dass alle Meetings virtuell oder zumindest hybrid abgehalten werden könnten, während Tim Sweeny von Epic der Meinung ist, dass das Metaverse eine Welt für Spiele und Interaktion sein sollte.
Mein ideales Metaverse ist eine globale, immersive, digital geschaffene Computerumgebung, die über das Internet zugänglich und für jedermann offen ist. Sie wird sowohl von kommerziellen als auch nicht-kommerziellen Interessen geleitet, erfordert möglicherweise Geräte, die zwischen der virtuellen Welt und den menschlichen Sinnen übersetzen können, und schafft außerdem eine Verbindung zu weiteren digitalen Welten.
Aber warum sollten wir ein solches Metaverse wirklich brauchen?
Mögliche Anwendungsfälle des Metaverse
Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die Menschheit freiwillig - nur um ihrer selbst willen - in eine digitale Welt eintauchen würde. Es gibt jedoch sinnvolle Anwendungsfälle, die dies rechtfertigen:
- Unterhaltung und soziale Interaktion - die größten Befürworter des Metaverse sind derzeit Hersteller von Videospielen, denn in vielerlei Hinsicht ist das Spielen auch der Hauptantreiber für die Entwicklung des Metaverse. Dabei legt das Unternehmen Meta den Fokus vor allem auf Online-Spiele, bei denen die soziale Interaktion eine große Rolle spielt.
- Bildung - allein eine neue Erfahrung kann bereits lehrreich sein. Schon deswegen bietet das Metaverse diverse Anwendungsfälle für Universitäten, Schulen und Berufsbildungseinrichtungen, wie z.B. die Simulation einer fremden Umgebung mit einer komplexen Aufgabenstellung.
- Arbeit - bereits heute wurde ein Großteil der Arbeitstätigkeit vollständig ins Internet verlagert. Es ist jedoch unklar, wo Bedarf für das Metaverse liegt bzw. ob das Metaverse tatsächlich ein Umfeld schaffen kann, das die Produktivität steigert oder das Arbeiten auf andere Weise verbessert.
Es gibt sicherlich weitere potenzielle Anwendungen, z.B. aus dem Bereich Design. Im Metaverse kann man das Objekt im Voraus sehen und mit vollständig virtuellen Werkzeugen modellieren. Eine andere denkbare Anwendung ist das Gesundheitsmanagement: von einem Chirurgen, der Operationen aus der Ferne durchführt, bis hin zum Zugang zu einem Spezialisten, der mit lokaler Unterstützung die richtige Diagnose stellen kann, ist einiges denkbar. Aber ähnlich wie beim Lernen würde uns Augmented Reality auch ermöglichen, bei Bedarf relevante Informationen anzeigen zu lassen. Künstliche Intelligenz kann dabei unterstützen.
Natürlich gibt es darüber hinaus sehr wahrscheinlich eine unendliche Anzahl von Anwendungsfällen im Beruf und in der Freizeit. Ich habe hier nur einige der naheliegendsten Beispiele aufgeführt.
Herausforderungen
Die heute zugänglichen virtuellen 3D-Welten, können nur über schwere und unhandliche VR-headsets erreicht werden, wäre der einzige Zugang über schwere und unhandliche VR-Headsets möglich. Über diese werden jedoch nur zwei Sinne (Hören und Sehen) angesprochen. Bisher gibt es keine praktikable Lösung, die anderen Sinne Geruch, Berührung und Geschmack in der virtuellen Realität abzubilden. Weitere Einschränkungen zeigen sich z.B. in der Bewegungsfreiheit, ohne gegen eine Wand zu stoßen oder darin, ein physisches Gefühl zu erleben, z.B. das Gewicht beim Heben von Gegenständen.
Hier bietet die reale Welt entscheidende Vorteile, da alle diese Dinge ohne zusätzliche Gadgets erlebbar sind (Einschränkungen bei Menschen mit Behinderung).
Gleichzeitig ist es aufgrund der Komplexität der Software schwierig, ein Metaverse zu "betreten". Beim Aufsetzen des Headsets betritt man zunächst eine einfache Vor-Metaverse-Umgebung, wobei jeder Anbieter von VR-Headsets (wie z.B. Steam oder Oculus) seine eigene Umgebung bereitstellt.
Außerdem kann der User mit Hilfe verschiedener Applikationen in unterschiedliche Welten eintauchen, die jedoch nichts mehr mit seiner ursprünglichen „Spawning-Umgebung“ zu tun haben. Es besteht oft keine Verbindung zwischen diesen Softwarepaketen, worunter das Gesamterlebnis leidet.
Ausblick und Vision für die Zukunft
Bestimmte Augmented-Reality-Anwendungsfälle könnten durch Brillen abgedeckt werden, aber der Bedarf geht darüber hinaus. Daher bedarf es aus meiner Sicht etwas anderes für das Metaverse als VR-Headsets: Wir brauchen die Möglichkeit, eine virtuelle Welt zu schaffen, die alle Sinne anspricht und die ohne spezielle Ausrüstung betreten werden kann.
Das bedeutet nicht, dass VR-Headsets verschwinden werden. Aber damit Menschen in einer virtuellen Welt natürlich interagieren können, müssen sie sich in dieser Welt wohlfühlen. Ein bekanntes Bespiel ist das "Holodeck" aus Star Trek, wo die Besatzung neue Umgebungen kennenlernen und erkunden kann.
Dies würde jedoch immer noch nicht der Vision eines einzigen, vernetzten und vollständig interoperablen Metaverse entsprechen, wie es in den Büchern "Ready Player One" und "Snow Crash" beschrieben wird. Die heutige Metaverse-Landschaft erinnert an das frühe Internet, bevor es einen für alle zugänglichen Standard in Form des World Wide Webs gab.
Was das Metaverse braucht, ist ein Konstrukt, das in vielerlei Hinsicht dem World Wide Web folgt, indem es offene Standards definiert, die vollständig interoperabel sind und von einem unabhängigen Gremium, dem W3C, geleitet werden.
Nicht Unternehmen haben die Grundlagen für das Internet oder das World Wide Web geschaffen; beide sind aus der Forschung hervorgegangen. Allerdings spielen die Unternehmen in der Definition neuer Standards eine Rolle im W3C - ein Modell, das auch für das Metaverse funktionieren könnte.
Es scheint, dass heute weder Microsoft (Hololens & Minecraft) noch Meta (Oculus) noch Epic Games (Fortnite), Steam oder Roblox an Interoperabilität denken. Im Gegenteil, zwischen den Unternehmen herrscht ein großer Konkurrenzkampf. Laut Tim Sweeney ist es ein Wettlauf um 1 Milliarde Nutzer. Wenn er recht hat, könnte dies zu einem Metaverse führen, das von einer einzigen Instanz kontrolliert und verwaltet wird. Regierungen hätten hier die Kontrolle längst an kommerzielle Unternehmen abgetreten, genau wie in es in den bereits erwähnten Büchern "Ready Player One" und "Snow Crash" beschrieben wird.
Wird die Menschheit eine solche dystopische Zukunft zulassen? Wohl kaum, handelt es sich hierbei doch um fiktive Geschichten, in denen der Begriff Metaverse zum ersten Mal auftauchte. Aber eine Frage bleibt dennoch: Kann das Metaverse von Science Fiction zu „Science Reality“ werden, so wie es in der Literatur dargestellt wird?
In der Entwicklung der Unterhaltungselektronik geht es immer darum, als Erster "das nächste große Ding" auf den Markt zu bringen. Auch in diesem Fall ist es nicht anders. Eine Vorreiterrolle bringt wichtige Vorteile, die bei der Entwicklung des Internet über diverse Forschungen erreicht wurden, welche dem Metaverse fehlen.
Daher sind jene Unternehmen am besten aufgestellt, deren ausgezeichnete Hardware und Software bereits heute bei den Nutzern etabliert sind und nicht jene, deren Produkte entweder zu teuer, zu nischenorientiert oder noch nicht weit genug entwickelt sind.
Was die Zukunftsfähigkeit des Metaverse betrifft, so bezweifle ich, dass es jemals mit den Vorlagen der Literatur vergleichbar sein wird. Stattdessen wird alles mit einer revolutionären App beginnen. Heute gibt es bereits eine Handvoll wirklich guter Videospiel-Metaverse-Anwendungen. Daher sollten wir uns die Frage stellen: Kann daraus eine App entstehen, die alles verändert? Eine Parallele ist die Computerrevolution der 1980er Jahre, die ebenfalls mit Videospielen begann. Es besteht also die Hoffnung, dass wir alle in Zukunft mit dem Metaverse sehr viel Spaß haben werden!
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